CPV steht für Common Procurement Vocabulary (Gemeinsames Vokabular für öffentliche Aufträge) und ist das einheitliche Klassifizierungssystem für Vergabeverfahren in der Europäischen Union (EU). Dabei wird der Gegenstand eines Beschaffungsauftrags mit einer Ziffernkombination beschrieben, die in der gesamten EU einheitlich gültig ist. Öffentliche Auftraggeber müssen für ihre Ausschreibungen daher den CPV-Code wählen, der am besten zu ihrem Beschaffungsvorhaben passt und ihn bei jeder Bekanntmachung, Bekanntgabe und für die Erstellung von Statistiken verwenden.
Das CPV besteht derzeit aus 9.454 Begriffen zur Auflistung von Gütern, Arbeiten und Dienstleistungen, die üblicherweise Gegenstand öffentlicher Aufträge sind. Sie werden im Hauptteil des CPV durch einen neunstelligen Zifferncode beschrieben, der hierarchisch aufgebaut ist:
- Die ersten zwei Ziffern stehen für eine von insgesamt 99 Abteilungen
- Die ersten drei Ziffern definieren die Gruppe
- Die ersten vier Ziffern geben Auskunft über die Klasse
- Die ersten fünf Ziffern beschreiben die Kategorie
- Die nächsten drei Ziffern beinhalten die Unterkategorie
- Die neunte und letzte Ziffer ist eine Prüfziffer
Ein Beispiel:
Der CPV-Code 39121200-8 steht für den Begriff „Tische“:
- Die ersten zwei Ziffern „39“ stehen für die Abteilung Möbel (einschließlich Büromöbel), Zubehör, Haushaltsgeräte (ausgenommen Beleuchtung) und Reinigungsmittel.
- Kombiniert mit der dritten Ziffer, also „391“, stehen sie für die Gruppe Möbel.
- „3912“ beschränkt auf die darunterliegende Klasse Tische, Schränke, Schreibtische und Bücherschränke.
- „39121“ umfasst dann nur mehr die Kategorie Schreibtische und Tische.
- Die darauffolgenden drei Ziffern „200“ stehen für die Unterkategorie Tische.
- „8“ ist die Prüfziffer.**
Öffentliche Auftraggeber können außerdem einen Zusatzteil verwenden, der diese Beschreibung ergänzt. Dieser Code besteht sowohl aus Buchstaben als auch Ziffern. Damit können etwa das Material oder die Maße bestimmt werden. Beispielsweise stehen die Buchstaben des Codes „AB21-2“ für den Abschnitt A (Materialien) und innerhalb dieses Abschnitts für die Gruppe B (Nichtmetalle). Aus der Ziffernkombination ergibt sich dann das nichtmetallische Material Glas.
Die jeweiligen Ziffernkombinationen für den Hauptteil und den alphanumerischen Code für den Zusatzteil von CPV Codes finden Sie HIER.
Auftragnehmer greifen regelmäßig auf die Kapazitäten anderer Unternehmen zurück, damit sie die Auswahlkriterien einer Ausschreibung erfüllen können. Der EuGH beschäftigte sich mit einem belgischen Fall, bei dem ein Subunternehmen die Eignungskriterien nicht erfüllte.
Der Fall Monument Vandekerckhove (EuGH 6.10.2021, C-316/21)
In einem offenen Verfahren zur Vergabe eines Bauauftrages verlangte der öffentliche Auftraggeber, dass den Angeboten eine Erklärung über Subunternehmen zuzufügen ist und mindestens drei Subunternehmen pro Fachgebiet namhaft gemacht werden müssen, um sicherzustellen, dass die Arbeiten von einem von ihnen ausgeführt werden. Für diese Subunternehmen galten dieselben Eignungskriterien wie für den Auftragnehmer.
Im Zuge der Angebotsprüfung des Bieters Monument Vandekerckhove NV („Monument“) ergab sich, dass nur einer der drei Subunternehmen die Eignungskriterien erfüllte. Der öffentliche Auftraggeber schloss Monument daher vom Verfahren aus und erteilte den Zuschlag einem anderen Bieter. Monument erhob Beschwerde und der Fall ging bis zum Europäischen Gerichtshof (EuGH).
Der EuGH musste folgende Frage beantworten: Ist der öffentliche Auftraggeber dazu verpflichtet, den Bieter aufzufordern, ein Subunternehmen zu ersetzen, wenn er feststellt, dass dieses Subunternehmen die Eignungskriterien nicht erfüllt oder steht es im frei, den Bieter dazu aufzufordern, bevor er ihn vom Verfahren ausschließt?
Die Entscheidung des EuGH
Der EuGH hielt fest, dass Art. 63 der Vergaberichtlinie (Richtlinie 2014/24/EU) keinen Ermessensspielraum einräumt. Dieser besagt insbesondere:
„[…] Der öffentliche Auftraggeber überprüft gemäß den Artikeln 59, 60 und 61, ob die Unternehmen, deren Kapazitäten der Wirtschaftsteilnehmer in Anspruch nehmen möchte, die entsprechenden Eignungskriterien erfüllen und ob Ausschlussgründe gemäß Artikel 57 vorliegen. Der öffentliche Auftraggeber schreibt vor, dass der Wirtschaftsteilnehmer ein Unternehmen, das ein einschlägiges Eignungskriterium nicht erfüllt oder bei dem zwingende Ausschlussgründe vorliegen, ersetzt. Der öffentliche Auftraggeber kann vorschreiben, oder ihm kann durch den Mitgliedstaat vorgeschrieben werden, vorzuschreiben, dass der Wirtschaftsteilnehmer ein Unternehmen, bei dem nicht-zwingende Ausschlussgründe vorliegen, ersetzt.“
Der EuGH entschied daher, dass der öffentliche Auftraggeber verpflichtet ist, den Bieter aufzufordern, ein Subunternehmen, das die Eignungskriterien nicht erfüllt, zu ersetzen, wenn er nicht vom Vergabeverfahren ausgeschlossen werden will.
Dabei muss der öffentliche Auftraggeber darauf achten, dass die Auswechslung des Subunternehmens nicht zu einer wesentlichen Änderung des Angebots führt. Insbesondere darf es nicht dazu führen, dass der Bieter in Wirklichkeit ein neues Angebot abgibt.
Sollten Auftraggeber während der Angebotsfrist bemerken, dass es zu Fehlern in der Ausschreibung gekommen ist, die eine Änderung der Ausschreibung erforderlich machen würden, so können sie diese berichtigen. Wir erklären, worauf Auftraggeber bei einer Berichtigung zum Schutz der Bieter achten müssen.
So können Auftraggeber ihre Ausschreibung berichtigen
Eine Berichtigung ist nur soweit möglich, als dass sie nicht zu einer inhaltlich wesentlich anderen Ausschreibung führt. Sollte dies der Fall sein, muss die Ausschreibung wegen Vorliegens zwingender Gründe widerrufen werden. Die Berichtigung sollte also nur bestimmte Elemente der Ausschreibung betreffen.
Die Berichtigung der Ausschreibung ist allen Bewerbern oder Bietern zu übermitteln bzw. bereitzustellen. Damit soll verhindert werden, dass bei Bietern frustrierte Aufwendungen entstehen oder sie mangelhafte Angebote legen. Nur wenn eine persönliche Verständigung nicht möglich ist, ist die Berichtigung in gleicher Weise wie die Ausschreibungsunterlagen zur Verfügung zu stellen, zu übermitteln oder bereitzustellen. Durch diese Mitteilung schützen sich Auftraggeber vor Schadenersatzforderungen (z.B. für beim Bieter entstandene Kosten für eine Angebotsstellung auf Grund von nicht mehr gültigen Ausschreibungsbestimmungen).
Im Oberschwellenbereich ist außerdem die Angebotsfrist zu verlängern, wenn die Berichtigung für die Erstellung der Angebote wesentlich ist. Wesentlich ist eine Berichtigung dann, wenn sie zu einer nicht bloß unbedeutenden inhaltlichen Änderung der Angebote bzw. zu einer für die Angebotsleger unvorteilhaften Änderung der Rahmenbedingungen für die Erstellung der Angebote führt. Die Verlängerung der Frist ist ebenfalls bekannt zu geben.
Auch Bekanntmachungen können berichtigt werden. Der maßgebliche Unterschied liegt darin, dass Auftraggeber die Bieter bzw. Bewerber von der Berichtigung nicht persönlich verständigen müssen. Es genügt, die Berichtigung auf demselben Weg bekannt zu machen, auf dem die ursprüngliche Bekanntmachung veröffentlicht wurde.
Sollten Unternehmer wahrnehmen, dass der Auftraggeber die Ausschreibung berichtigen muss, haben sie dies dem Auftraggeber mitzuteilen.
Die Schwellenwerteverordnung 2023 wurde bis 31. Dezember 2023 verlängert. Ursprünglich hätte sie nur bis 30. Juni 2023 als Übergangsregelung gelten sollen. Nun bleiben die höheren Schwellenwerte bis Ende des Jahres erhalten:
Schwellenwert von 7.2.2023 bis 31.12.2023 | ||
Nicht offenes Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung | Bauaufträge | 1 Million Euro |
Liefer- und Dienstleistungsaufträge | 100.000 Euro | |
Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung | Bauaufträge | 100.000 Euro |
Liefer- und Dienstleistungsaufträge | 100.000 Euro |
Eine Direktvergabe ist weiterhin für alle Auftragsarten zulässig, wenn der geschätzte Auftragswert bis zu 100.000 Euro beträgt.
Die Werte für die Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung bleiben wie vom BVergG 2018 vorgegeben: Bis zu 130.000 Euro (Sektorentätigkeit: 200.000 Euro) für Liefer- und Dienstleistungsaufträge und bis zu 500.000 Euro für Bauaufträge.
Schwellenwerte beziehen sich auf die Kostenschätzung des Auftraggebers exklusive Umsatzsteuer.
Laut dem vergaberechtlichen Rundschreiben des Justizministeriums vom 22. Mai wurde die Verlängerung der Schwellenwerteverordnung 2023 zu früh kundgemacht, nämlich ohne Zustimmung der Bundesländer. Die Verlängerung wäre damit verfassungswidrig, soll aber laut Justizministerium bis zu ihrer allfälligen Aufhebung in Geltung bleiben. Das Ministerium soll jedenfalls ein neues – verfassungskonformes – Verfahren zur Verlängerung der Verordnung eingeleitet haben.
Rückblick
Die Schwellenwerteverordnung 2018 ist mit 31. Dezember 2022 ausgelaufen. Bis zur Kundmachung der neuen Schwellenwerteverordnung 2023 am 6. Februar 2023 galten die niedrigeren Werte des BVergG 2018. Die Schwellenwerteverordnung 2023 übernahm schlussendlich die höheren Werte der ausgelaufenen Verordnung. Es war geplant, dass sie von 7. Februar bis 30. Juni 2023 gilt und in der Zwischenzeit geprüft wird, ob eine Verlängerung notwendig ist. Ohne Verlängerung wären ab 1. Juli wieder die niedrigeren Werte des BVergG 2018 anzuwenden gewesen.
Das hätte vor allem bei der Direktvergabe zu Einschränkungen geführt: Direktvergaben wären nur mehr bis zu einem geschätzten Auftragswert von 50.000 Euro zulässig gewesen. Durch die Verlängerung sind Direktvergaben auch ab dem 1. Juli mit einem Wert von bis zu 100.000 Euro zulässig.
Öffentliche Ausschreibungen bieten ein enormes Potential für Unternehmen aus der Architekturbranche. Alleine im Jahr 2022 haben Öffentliche AuftraggeberInnen in Österreich Architekturaufträge im Wert von 133 Millionen Euro vergeben. Außerdem erfahren Sie, wie Sie selbst öffentlich verfügbare Ausschreibungsdaten nutzen können, um selbst kostenfrei Marktanalysen durchzuführen.
Öffentliche Ausschreibungen als Vertriebskanal
Öffentliche Aufträge durch Teilnahme an Ausschreibungen und Wettbewerben zu erhalten, kann für Unternehmen aus der Architekturbranche sowohl ein Vertriebskanal mit hohem Umsatzpotenzial als auch eine Quelle ständiger Herausforderungen sein. Um herauszufinden, ob sich die Beschäftigung mit dem Vertriebskanal „Öffentliche Ausschreibungen“ lohnt, werfen wir einen Blick auf konkrete Fakten und Zahlen öffentlicher Architektur-Aufträge.
Marktanalyse: Top 5 der öffentlich beauftragten Architektur-Dienstleistungen 2022
Im Jahr 2022 wurden in Österreich insgesamt Architektur-Aufträge im Wert von 133 Millionen Euro öffentlich vergeben. Die Top 5 Architektur-Dienstleistungsarten nach Auftragswert sind in der folgenden Grafik mit CPV-Code und Art der Dienstleistung aufgeführt. Diese Informationen bieten Ihnen einen Einblick in die gefragtesten Dienstleistungen im Bereich der Architektur und verwandter Bereiche.

Konkurrenzanalyse: Welche Unternehmen haben 2022 am meisten Umsatz mit öffentlichen Aufträgen gemacht?
Eine regelmäßige Analyse der Konkurrenz ist in Wettbewerbsbranchen wie der Architekturbranche überlebenswichtig. Auch hier können Ihnen Daten über öffentliche Architektur-Ausschreibungen in Österreich wertvolle Einblicke bieten. Im der folgenden Diagramm finden Sie die zehn Unternehmen bzw. Bietergemeinschaften, die 2022 in Österreich den Zuschlag für die umsatzstärksten öffentlichen Architektur-Aufträge erhalten haben. Die Tatsache, dass die Top 10 AuftragnehmerInnen etwa 56% des gesamten Umsatzvolumens an öffentlichen Architektur-Aufträgen von 2022 erhalten haben, zeigt, dass dieser Vertriebskanal auch Chancen für NeueinsteigerInnen bietet.

Kundenanalyse: Welche öffentliche Auftraggebende haben 2022 die wertvollsten Architektur-Aufträgen vergeben?
Erfolgreiche Unternehmen kennen ihre Branche und insbesondere ihre größten potenziellen Kunden. Wer im Jahr 2022 die höchsten Auftragswerte für Architektur-Dienstleistungen öffentlich vergeben hat, haben wir in der folgenden Rangliste der 10 grössten öffentlichen Auftraggebenden zusammengestellt. Hier zeigt sich eine deutliche Konzentration, da diese zehn öffentlichen Auftraggebenden zusammen 87% des Auftragswerts aller ausgeschriebenen Architektur-Aufträge in Österreich vergeben haben.

Selbst Marktanalysen durchführen – So geht’s
Die oben genannten Analysen geben Ihnen einen ersten Überblick über das Potenzial öffentlicher Ausschreibungen für Unternehmen in der Architekturbranche. Sie können jedoch noch detailliertere Auswertungen vornehmen, beispielsweise auf der Ebene spezifischer Architekturdienstleistungen (mithilfe der sogenannten CPV-Codes), in bestimmten Regionen Österreichs (unter Verwendung des NUTS-Codes) oder durch den Vergleich historischer Daten bis ins Jahr 2019.
Die notwendigen Daten für solche Analysen stehen Ihnen als sogenannte Kerndaten öffentlich und kostenfrei zur Verfügung, da sie dem Open Government Data-Prinzip folgen. Sie können die Kerndaten entweder als XML-Format auf kerndaten.at oder im CSV-Format auf offenevergaben.at herunterladen. Diese Daten umfassen Informationen von heute bis zurück ins Jahr 2019.
Der Download im CSV-Format eignet sich besonders, wenn Sie die Daten manuell und einfach in Programmen wie MS Excel weiterverarbeiten möchten, ähnlich wie bei der Erstellung der Analysen für diesen Blogbeitrag.
Achtung: Datenqualität beachten
Es ist wichtig zu beachten, dass die Qualität dieser öffentlich verfügbaren Ausschreibungsdaten nicht perfekt ist. Es gibt gesetzliche Ausnahmen, die zur Nichtveröffentlichung von Aufträgen führen. Die Verantwortung für die Veröffentlichung der Daten liegt bei den jeweiligen öffentlichen Auftraggebern, und es gibt keine externe Organisation, die die Richtigkeit und Vollständigkeit der veröffentlichten Daten überprüft. Daher können Fehler oder das Fehlen wichtiger Ausschreibungsdaten die Gesamtqualität der öffentlich verfügbaren Daten beeinträchtigen.
Fazit: Nutzen Sie den Datenschatz für eine bezahlbare Marktanalyse
Trotz dieser Einschränkungen stellen die öffentlich verfügbaren Daten über Ausschreibungen einen wertvollen Schatz dar, der selbst von kleinen und mittleren Unternehmen mit etwas Fachwissen genutzt werden kann. Dies gilt nicht nur für die Architekturbranche, sondern auch für Unternehmen in anderen Bereichen, deren Produkte und Dienstleistungen von der öffentlichen Hand, dem größten Auftraggeber in Österreich, beschafft werden.
Mit den öffentlich verfügbaren Daten zu Ausschreibungen können Sie praktisch kostenlose Markt-, Konkurrenz- und Kundenanalysen erstellen, um Ihren Vertrieb und Umsatz zu verbessern. Nutzen Sie diese wertvollen Ressourcen, um einen Wettbewerbsvorteil in der Architekturbranche zu erlangen und Ihren Erfolg langfristig zu steigern.
Bevor Auftraggeber verbindlich einen Zuschlag erteilen, müssen sie ihre Entscheidung den verbliebenen Bietern bekannt geben. Diese Zuschlagsentscheidung stellt eine gesondert anfechtbare Entscheidung dar und bekundet lediglich die Absicht der Auftraggeber, den Auftrag gewissen Bietern zu erteilen. Mit ihrer Mitteilung beginnen für die Auftraggeber die Stillhaltefrist und für die verbliebenen Bieter die Nachprüfungsfrist zu laufen. Die vertragliche Bindung mit den ausgewählten Bietern entsteht erst nach Ablauf der Stillhaltefrist, sobald der Zuschlag erteilt wird.
Die Mitteilung der Zuschlagsentscheidung muss beinhalten:
- das jeweilige Ende der Stillhaltefrist
- die Gründe für die Ablehnung ihres Angebotes
- den Gesamtpreis (Angebotspreis ohne Umsatzsteuer) des erfolgreichen Angebotes
- die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebotes
Nur wenn die Bekanntgabe dieser Informationen öffentlichen Interessen oder den berechtigten Geschäftsinteressen von Unternehmern widersprechen bzw. dem freien und lauteren Wettbewerb schaden würden, dürfen diese zurückgehalten werden. Da der Rechtsschutz der übergangenen Bieter damit wesentlich eingeschränkt wird, muss diese Ausnahme sehr eng ausgelegt und mit den Interessen der Bieter abgewogen werden. Die Nichtbekanntgabe bestimmter Informationen muss das gelindeste Mittel zur Sicherstellung des freien Wettbewerbs bzw. der gegenstehenden Interessen sein.
So weit geht die Begründungspflicht der Auftraggeber
Die verbliebenen Bieter sollen anhand der Begründung abschätzen können, inwiefern eine korrekte Prüfung der Angebote durchgeführt wurde. Zu diesem Zweck müssen ihnen alle Gründe bekanntgegeben werden, die sie in die Lage versetzen, wirksam gegen die Entscheidung vorzugehen. Werden nicht alle für den Nachprüfungsantrag erforderlichen Gründe mitgeteilt, beginnt die Anfechtungsfrist erst zu laufen, wenn die Bieter sie alle kennen.
Eine unzureichende Begründung könnte beispielsweise die Mitteilung des bloßen Ergebnisses der Punktebewertung und des Hinweises auf die „entscheidenden“ Kriterien darstellen. Für den Nachprüfungsantrag sind nämlich gerade die Überlegungen, die zur jeweiligen Punktevergabe führten, relevant. Andererseits könnte die bloße Angabe der exakten Punktevergabe ausreichen, wenn die Überlegungen der Auftraggeber bereits durch die in den Ausschreibungsunterlagen festgelegten Beurteilungsparameter nachvollziehbar sind.
Ausnahmen der Mitteilungspflicht
In bestimmten Fällen muss die Zuschlagsentscheidung nicht gesondert mitgeteilt werden:
- der Zuschlag soll dem/der einzigen bzw. dem/der einzigen im Vergabeverfahren verbliebenen BieterIn erteilt werden, oder
- ein Verhandlungsverfahren wurde ohne vorherige Bekanntmachung aufgrund von Dringlichkeit oder besonders günstigen Umständen durchgeführt, oder
- eine Leistung soll aufgrund einer Rahmenvereinbarung oder eines dynamischen Beschaffungssystems vergeben werden.
In diesen Fällen kann der Zuschlag sofort erteilt werden.
Der Einsatz von Subunternehmen erleichtert Einzelunternehmen und KMU den Zugang zu größeren öffentlichen Aufträgen. Bieter können fehlende Eignungen durch Subunternehmer erfüllen. Um sie einzusetzen, müssen sie diese bereits im Angebot nennen. Jedoch können Auftraggeber kritische Aufgaben festlegen, die vom Bieter selbst zu erbringen sind und daher nicht an Subunternehmer weitergegeben werden dürfen. Dann kann die Einordnung als Subunternehmer oder „bloßer“ Hilfsunternehmer entscheidend sein.
Ein Beispiel aus der Praxis (VwGH 22.03.2019, Ro 2017/04/0022)
Die ASFINAG schrieb einen Bauauftrag über Arbeiten zur Kanalsanierung aus und verlangte: „kritische Leistungen […] sind direkt vom Bieter/Mitglied einer Arbeits- oder Bietergemeinschaft selbst oder von einem mit diesem verbundenen Unternehmen auszuführen“.
Eine Bietergemeinschaft legte ein Angebot, dem eine „Überlassungserklärung“ eines dritten Unternehmens angefügt war. Dort stand, dass dieses Unternehmen der Bietergemeinschaft bestimmte Baugeräte im Bedarfsfall zur Verwendung zur Verfügung stellen würde, bzw. dass das Personal zur Bedienung der Geräte im Bedarfsfall bereitstehe und bei einem der Unternehmen der Bietergemeinschaft in ein Arbeitsverhältnis eintreten werde. Die Bietergemeinschaft verfügte über verbindliche Zusagen von sechs Mitarbeitern des dritten Unternehmens für das gegenständliche Vergabeverfahren in ein Arbeitsverhältnis mit einem der Unternehmen der Bietergemeinschaft einzutreten. Die Bietergemeinschaft erhielt daraufhin den Zuschlag.
Eine unterlegene Bieterin ging dagegen vor und brachte den Fall bis zum VwGH. Sie berief sich im Wesentlichen darauf, dass diese Überlassungserklärung als Subunternehmererklärung zu qualifizieren sei und die Bietergemeinschaft die kritischen Leistungen entgegen der Ausschreibung nicht selbst ausführen würde. Dies diente dem VwGH als Anlass, eine klare Abgrenzung zwischen Subunternehmer und Hilfsunternehmer zu ziehen.
Was ist der Unterschied zwischen Subunternehmen und Hilfsunternehmen?
Subunternehmen sind Unternehmer, die Teile des an die Auftragnehmer erteilten Aufträge ausführen. Die bloße Lieferung von (handelsüblichen) Waren oder Bestandteilen, die zur Erbringung einer Leistung erforderlich sind, ist keine Subunternehmerleistung. Subunternehmer stellen Teile der an die Auftragnehmer erteilten Aufträge – im Sinn der Herstellung eines Teilerfolgs – selbst her oder lassen sie unter ihrer persönlichen Verantwortung ausführen.
Es muss kein direktes Vertragsverhältnis zwischen Subunternehmen und Auftragnehmer bestehen, daher sind auch Subunternehmerketten von der Definition des Subunternehmers erfasst.
Hingegen versetzen Hilfsunternehmen Auftragnehmer lediglich in die Lage, Aufträge zu erbringen (z.B. durch Wartung von Maschinen, Vermietung von Geräten Überlassung von Arbeitskräften). Sie sind keine Subunternehmen und führen selbst keine Teile es Auftrages durch.
Im Einzelfall muss zur Abgrenzung daher festgestellt werden, was zwischen dem Bieter und dem jeweiligen dritten Unternehmen konkret vertraglich vereinbart wurde. Dabei liegt ein Subunternehmervertrag vor, wenn das dritte Unternehmen die Herstellung eines Teilerfolges übernimmt.
Was wurde im konkreten Fall entschieden?
Die technische Leistungsfähigkeit der Bietergemeinschaft war gewährleistet und das dritte Unternehmen nicht als Subunternehmer zu qualifizieren. Es handelte sich um ein Hilfsunternehmen, denn die Überlassung der Geräte war reine Miete, das Unternehmen führte keine Teile des Auftrages selbständig aus und es besaß keine Verfügungsgewalt über das Personal, das es der Bietergemeinschaft überlassen hat. Das Angebot der Bietergemeinschaft wurde somit zurecht nicht ausgeschieden.
Der Auftraggeber hat die Leistung erfolgreich ausgeschrieben, einige Angebote entgegengenommen und die Angebotsfrist ist abgelaufen. Als nächstes werden die Angebote geöffnet. Dabei müssen Auftraggeber einige Punkte beachten:
Wer ist beim Öffnen der Angebote dabei?
Sollten beim offenen und beim nicht offenen Verfahren Papierangebote eingebracht werden, müssen diese durch eine Kommission geöffnet werden. Sie muss aus mindestens zwei sachkundigen Vertretern des öffentlichen Auftraggebers bestehen. Das gilt aber nicht für Sektorenauftraggeber.
Der Auftraggeber kann beim offenen und beim nicht offenen Verfahren freiwillig eine Öffnung der Angebote unter Beteiligung der Bieter vornehmen. In diesem Fall ist allen Bietern die Möglichkeit zu bieten, an der Öffnung teilzunehmen.
Bei Verhandlungsverfahren gibt es keine formalisierte Angebotsöffnung. Die Ergebnisse der Öffnungen der Erstangebote und der Folgeangebote müssen geheim gehalten werden, um den Wettbewerb im Zuge der weiteren Verhandlungen mit den Bietern nicht zu behindern.
Wichtige Schritte vor dem Öffnen eines Angebotes
Vor dem Öffnen eines Angebotes muss festgestellt werden, ob das Angebot fristgerecht eingelangt ist. Bei Angeboten, die nach Ablauf der Angebotsfrist eingelangt sind, müssen Auftraggeber sie als verspätet eingelangt kennzeichnen. Sie dürfen sie nicht öffnen (ausgenommen dies ist zur Feststellung der Identität des Bieters für die Verständigung erforderlich) und nicht weiter behandeln.
- Manche elektronische Vergabesysteme, wie etwa auftrag.at, lassen eine verspätete Angebotsabgabe gar nicht zu. Dann können alle eingelangten Angebote nur fristgerecht sein und eine separate Prüfung erübrigt sich unter Hinweis auf die „Architektur“ des Vergabesystems.
Außerdem ist festzustellen, dass kein unbefugter Zugriff erfolgte bzw. bei Papierangeboten, ob es ungeöffnet ist.
Formalprüfung
Die geöffneten Angebote sind auf ihre Vollständigkeit und die Erfüllung der sonstigen Formerfordernisse gemäß den Anforderungen in der Ausschreibung zu prüfen.
Bei Papierangeboten sind alle bei der Öffnung des Angebotes vorliegenden Teile von der Kommission so eindeutig zu kennzeichnen, dass ein nachträgliches Auswechseln feststellbar wäre. Elektronisch erstellte und übermittelte Daten sind allgemein schon so zu speichern und zu kennzeichnen, dass eine nachträgliche Veränderung feststellbar ist (Integrität der Daten).
Das Protokoll
Der öffentliche Auftraggeber muss über die Öffnung der Angebote beim offenen und beim nicht offenen Verfahren ein Protokoll verfassen. Dieses Protokoll ist jedem Bieter zu übermitteln bzw. bereitzustellen. Für das Verhandlungsverfahren besteht zwar keine Protokollierungspflicht, ein internes Protokoll für den Vergabeakt ist aber empfehlenswert.
Nach Abschluss der Öffnung sind die Angebote so zu verwahren, dass sie Unbefugten unzugänglich sind.
Ist ein Unternehmer insolvent, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass er nicht ausreichend zuverlässig und (finanziell) leistungsfähig ist. Es stellt daher einen Ausschlussgrund im Vergabeverfahren dar, wenn über das Vermögen von Bewerbern oder Bietern ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde oder mangels kostendeckenden Vermögens die Eröffnung abgewiesen wurde. Auftraggeber können nur in Ausnahmefällen von einem Ausschluss vom weiteren Vergabeverfahren absehen.
Der maßgebliche Zeitpunkt
Eine Insolvenz von Bewerbern bzw Bietern wirken sich negativ auf deren Leistungsfähigkeit, einen Teilbereich der Eignung, aus. Für die Beurteilung dieses Ausschlussgrundes kommt es daher auf den gesetzlich festgelegten maßgeblichen Zeitpunkt für das Vorliegen der Eignung an. Abhängig von der Verfahrensart kann das der Zeitpunkt des Ablaufs der Teilnahmeantragsfrist, der Angebotsöffnung oder der Aufforderung zur Angebotslegung sein. Ein Insolvenzverfahren, das vor Bekanntmachung des Vergabeverfahrens beendet wurde, ist somit in keinem Fall schädlich.
Die Eignung muss zum maßgeblichen Zeitpunkt bestehen und darf auch danach nicht mehr verloren gehen – unabhängig davon, ob die Eignung zu einem späteren Zeitpunkt wiederauflebt. Dementsprechend stellt selbst ein vor der Zuschlagserteilung eröffnetes und wieder aufgehobenes Insolvenzverfahren einen Ausschlussgrund dar. Auftraggeber haben das Vorliegen der Eignung nur dann erneut nachzuprüfen, wenn sie konkrete Hinweise oder Kenntnis über den Verlust eines Eignungselements erlangen.
Für den Fall der Insolvenzeröffnung nach Zuschlagserteilung wird in manchen Verträgen ein Rücktritts- oder Vertragsauflösungsgrund vereinbart, wobei dies seit der Insolvenzrechtsnovelle 2010 nur noch eingeschränkt zulässig ist. Die Einleitung eines Insolvenzverfahrens kann unter Umständen auch eine nachträgliche Vertragsänderung darstellen. Nachträgliche Vertragsänderungen sind jedoch aufgrund des Gleichbehandlungs-, Nichtdiskriminierungs- und Transparenzgebotes nur in ausgewählten Konstellationen zulässig.
Es ist zwischen unzulässigen wesentlichen und zulässigen unwesentlichen Änderungen zu unterscheiden. Eine nachträgliche Insolvenz stellt etwa dann eine zulässige unwesentliche Vertragsänderung dar, wenn im Zuge einer Unternehmensumstrukturierung insolvente Auftragnehmer oder Betriebsteile aus der Masse erworben werden.
Als Nachweise für das Nicht-Vorliegen des Ausschlussgrundes können Auftraggeber einen Auszug aus der Insolvenzdatei oder gleichwertige Dokumente der zuständigen Behörde des Sitzstaates des Unternehmens verlangen.
Die Ausnahmen
Grundsätzlich sind Auftraggeber bei Vorliegen des Ausschlussgrundes verpflichtet, betroffene Bewerber oder Bieter aus dem Verfahren auszuscheiden. Sie können vom Ausschluss von Bewerbern bzw Bietern allerdings dann Abstand nehmen, wenn diese hinreichend nachweisen, dass ihre Leistungsfähigkeit für die Durchführung des Auftrages ausreicht. Das ist beispielsweise bei einem Lieferauftrag der Fall, wenn das Unternehmen den Liefergegenstand noch auf Lager hat und diesen auch liefern kannn. Das Absehen vom Ausschluss liegt in diesen Fällen im Ermessen der Auftraggeber.
Darüber hinaus können Auftraggeber aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses vom Ausschluss Abstand nehmen. Derartige Gründe liegen vor, wenn auf die Beteiligung des Unternehmens nicht verzichtet werden kann. Als Beispiel kann z.B. die dringend erforderliche Beschaffung eines Impfstoffes, welcher bloß bei dem insolventen Unternehmer in ausreichender Menge vorhanden ist, angeführt werden.
Im August 2022 ist nach mehr als zehn Jahren Verhandlungen die International Procurement Instrument (IPI) – Verordnung der EU in Kraft getreten. Sie hat das Ziel, den Zugang europäischer Unternehmen zu den Beschaffungsmärkten in Drittländern zu verbessern. Als ultimativen Schritt kann die Kommission Auftraggeber dazu verpflichten, Angebote aus Drittstaaten schlechter zu bewerten oder auszuschließen.
Die Idee dafür rührt aus der Tatsache, dass viele Drittstaaten wie zum Beispiel China ihren Beschaffungsmarkt viel restriktiver gestalten als die EU. Dadurch haben ihre Unternehmen einen freieren Zugang zum europäischen Beschaffungsmarkt als europäische Unternehmen im Drittstaat. Mit der IPI-Verordnung soll dieses Missverhältnis ausgeglichen werden.
Die IPI-Verordnung gilt nicht für Mitgliedstaaten des WTO-Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungswesen (GPA) und anderer Handelsabkommen. Sie gilt auch nicht für die am wenigsten entwickelten Länder nach dem Allgemeinen Präferenzschema, die in Anhang IV der EU-Verordnung Nr. 978/2012 aufgeführt werden.
Untersuchungen, Verhandlungen und Zugangsbeschränkungen
Wenn ein Drittstatt diskriminierende Maßnahmen setzt, die den Zugang von Unionsunternehmen zum Beschaffungsmarkt behindern, darf die Europäische Kommission tätig werden. Sie untersucht die diskriminierenden Maßnahmen und führt neun Monate lang Verhandlungen mit dem betreffenden Drittstaat, um diese abzuschaffen. Sollte diese Zeit nicht für eine Einigung ausreichen, können nochmal fünf Monate angehängt werden.
Sollte die Kommission auch dann keine Einigung erzielen können, darf sie den Zugang von Unternehmen aus diesem Staat zum europäischen Beschaffungsmarkt durch eine „IPI-Maßnahme“ einschränken.
Verpflichtungen für Auftraggeber ab bestimmten Schwellenwert
Eine Zugangsbeschränkung in Form einer IPI-Maßnahme gilt nur bei einem geschätzten Wert über einem Schwellenwert, den die Kommission bei der jeweiligen Maßnahme festlegt. Bei Bauleistungen und Konzessionen muss der Schwellenwert mindestens 15 Millionen Euro, bei Waren und Dienstleistungen mindestens 5 Millionen Euro (jeweils ohne Mehrwertsteuer) betragen.
Als IPI-Maßnahme kann die Kommission Auftraggeber dazu verpflichten,
- bei Angeboten von Wirtschaftsteilnehmern aus dem betreffenden Drittland eine bestimmte Bewertungsanpassung vorzunehmen, oder
- Angebote von Wirtschaftsteilnehmern aus dem betreffenden Drittland auszuschließen.
Bei einer Bewertungsanpassung werden Angebote aus dem betroffenen Staat mit einem höheren Preis veranschlagt als der tatsächliche Preis. Die Anpassung gilt nur zum Zweck der Bewertung und Reihung der Angebote und beeinflusst nicht den Preis, der nachher tatsächlich zu bezahlen ist.
Eine IPI-Maßnahme läuft fünf Jahre nach ihrem Inkrafttreten aus und kann um fünf Jahre verlängert werden.
Ausnahmen für kleine Verwaltungseinheiten und Sonderfälle
Auftraggeber können in Ausnahmefällen beschließen, die IPI-Maßnahme nicht anzuwenden. Das ist möglich, wenn nur Angebote den Bedingungen der Ausschreibung entsprechen, die aus einem Drittland kommen, für das eine IPI-Maßnahme gilt. Ein weiterer Ausnahmegrund ist es, wenn es gerechtfertigt ist, die IPI-Maßnahme aus zwingenden Gründen des öffentlichen Interesses (z.B. öffentliche Gesundheit, Umweltschutz) nicht anzuwenden.
Außerdem können Mitgliedstaaten beantragen, dass gewisse lokale öffentliche Auftraggeber von Verwaltungseinheiten mit weniger als 50.000 Einwohnern von den IPI-Maßnahmen ausgenommen werden.