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Welche Rolle spielt die EU im österreichischen Vergaberecht?

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Durch den Beitritt zur Europäischen Union (damals Europäische Gemeinschaft) 1995 hat sich Österreich dazu verpflichtet, europäische Vorgaben und Normen einzuhalten. Die EU-Mitgliedstaaten haben in den Verträgen festgelegt, dass das Europäische Parlament und der Europäische Rat die Rechtslage in den Mitgliedstaaten vereinheitlichen soll, damit ein Binnenmarkt errichtet wird und funktioniert. Das führt dazu, dass die Organe der EU auch Einfluss auf die Vergabe öffentlicher Aufträge üben können. Damit soll insbesondere der freie und gleichberechtigte Zugang zu öffentlichen Aufträgen für alle europäischen Unternehmen sowie eine möglichst transparente Auftragsvergabe garantiert werden.

Die Rechtssetzung in der EU geschieht durch Verordnungen und Richtlinien. Verordnungen sind in allen EU-Mitgliedstaaten direkt anwendbar und gelten so, als wären sie vom österreichischen Parlament beschlossen worden. EU-Richtlinien sind ebenfalls verbindlich, jedoch erfordern sie grundsätzlich der Umsetzung ins nationale Recht. Daneben sind unter anderen die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs in Luxemburg (EuGH) maßgebend.

Alle Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge in der EU werden auf der Grundlage nationaler Vorschriften durchgeführt. Bei Aufträgen im oberen Schwellenbereich basieren diese Vorschriften auf den allgemeinen EU-Vorschriften für die Vergabe öffentlicher Aufträge. Das sind zum Beispiel:

  • Allgemeine Vergaberichtlinie 2014/24/EU
  • Sektorenrichtlinie 2014/25/EU
  • Konzessionsvergaberichtlinie 2014/23/EU

Österreich ist im oberen Schwellenbereich an diese europäischen Vorgaben gebunden und muss diese Richtlinien im nationalen Vergaberecht umsetzen. Bei Ausschreibungen von geringem Auftragswert gelten ausschließlich die nationalen Vorschriften.

Die Rolle des Europäischen Gerichtshof und sein Einfluss auf Österreich

Alle nationalen Gerichte müssen das Vergaberecht im Sinne der EU-Richtlinien und der EuGH-Entscheidungen auslegen. Wenn nun ein letztinstanzliches Gericht (z.B. VwGH) Zweifel darüber hat, ob eine nationale Bestimmung mit dem europäischen Vergaberecht übereinstimmt, muss es dem EuGH die Frage zur Entscheidung vorlegen. Der EuGH entscheidet dann, ob die nationale Bestimmung mit dem europäischen Vergaberecht im Einklang steht oder dagegen verstößt und wie das europäische Vergaberecht auszulegen ist. Das nationale Gericht ist an die Auslegung des EuGHs gebunden. In gleicher Weise bindet die Entscheidung auch alle anderen nationalen Gerichte der EU-Mitgliedstaaten, die sich mit demselben Problem befassen.