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Bewertungsjurys in 3 Minuten prägnant erklärt

2 Minuten Lesezeit

Jeder, der mit Beschaffungen zu tun hat, kommt früher oder später mit Bewertungsjurys in Berührung. Dieses Youtube-Video bereitet Sie in 3 Minuten auf die wichtigsten Themen vor:

Ein Standbild aus einem auftrag.at-Vergabeservice Video mit dem Titel "Grundlagen: Bewertungsjurys in Vergabeverfahren".Das Video zum Nachlesen:

Interessenskonflikte

Hinterfragen Sie, ob Jurymitglieder möglicherweise befangen sind. Ein Interessenskonflikt liegt vor, wenn das Mitglied in einem finanziellen, wirtschaftlichen oder persönlichen Verhältnis zum Bieter steht und dieses Verhältnis Zweifel an seiner Unparteilichkeit erzeugen könnte.

Eindeutig ist die Lage z.B. bei einem nahen Verwandtschaftsverhältnis. Wenn ein Jurymitglied mit dem Geschäftsführer des Bieters verheiratet ist, ist die Sache klar. Die weit größere Anzahl der Fälle sind allerdings Grenzfälle. Wie schaut es z.B. aus, wenn das Jurymitglied früher beim Bieter angestellt war? Eine pauschale Beurteilung solcher Fälle ist nicht möglich. Wichtig ist aber, dass solche Fälle an den Auftraggeber gemeldet werden. Der Auftraggeber kann dann selbst beurteilen, ob ihm die Sache zu heiß wird oder nicht. Ich würde z.B. als Auftraggeber bei einem ehemaligen Angestelltenverhältnis zum Bieter (1) schauen, wie lange das her ist (Stichwort: Cool-Down-Phase) und (2) würde ich auch schauen, wie ist denn sein bzw. ihr jetziges Verhältnis zum ehemaligen Arbeitgeber.

Anwesenheit der Jurymitglieder

Müssen alle Jurymitglieder während der gesamten Präsentation anwesend sein?

Grundsätzlich gilt das Prinzip der Unmittelbarkeit: Das heißt, die Personen, die eine Bewertung vornehmen, sollten auch selbst wahrgenommen haben, was sie da beurteilen. Es gibt aber auch eine Ausreißer-Entscheidung. Da hat das Gericht zugelassen, dass ein Jurymitglied dem anderen Jurymitglied Inhalte weitergesagt hat – davon rate ich allerdings ab.

Wie ist jetzt damit umzugehen, wenn ein Jurymitglied während der Präsentation oder dem Bieter-Hearing mal kurz hinaus muss? Das Wichtigste ist auch in diesem Fall: Bitte nicht einfach gehen, sondern dem Moderator oder der Vorsitzenden der Bewertungsjury vorher Bescheid sagen. Er oder sie muss dann selbst beurteilen, ob sie das Hearing unterbricht oder nicht. Mein Zugang aus der Praxis ist: Bei kurzen Abwesenheiten die Präsentation weiterlaufen zu lassen, dann aber sehr genau darauf zu achten, ob möglicherweise bewertungsrelevante Inhalte vorkommen. Gegebenenfalls unterbreche ich dann die Sitzung bis die Person wieder anwesend ist.

Fragen während der Bieterpräsentation

Dürfen Jurymitglieder während der Präsentation Fragen an die Bieter stellen?

Es gibt Auftraggeber, die lassen das gar nicht zu – aus Gründen der Bietergleichbehandlung sagen sie. Meiner Meinung nach entsteht dann aber das Problem, dass die Mitglieder der Bewertungsjury möglicherweise das Angebot bzw. die angebotene Lösung nicht verstehen können. Deswegen lasse ich kurze Verständnisfragen zum individuellen Angebot des Bieters schon zu, achte dabei aber sehr genau darauf, dass alle Bieter gleichbehandelt werden. Das heißt, ich lasse nicht zu, dass der eine Bieter besonders kritische Fragen bekommt, während der andere Bieter besonders freundliche Fragen bekommt. Sinnvoll ist auch, die Hearing-Fragen schon vorzubesprechen und dann möglicherweise gleichartige Fragen an alle Bieter zu stellen.

Ein Tipp zum Abschluss

Zuletzt ein Tipp an Auftraggeber: Dokumentieren Sie die gestellten Fragen während dem Hearing im Protokoll. Damit können Sie transparent darlegen, dass alle Bieter im Vergabeverfahren gleichbehandelt wurden.