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Relevante EuGH Entscheidungen für Auftraggeber

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Der Europäische Gerichtshof entschied im vergangenen Jahr, dass auch private Sportverbände öffentliche Auftraggeber sein können. Außerdem stellte der Gerichtshof klar, dass EU-Mitgliedsstaaten zusätzliche Voraussetzungen für integrative Betriebe festlegen dürfen.

Sportverbände als öffentliche Auftraggeber (EuGH 3.2.2021, C‑155/19 und C‑156/19)

Der EuGH entschied im Februar 2021, dass auch Sportverbände öffentliche Auftraggeber sein können. Der Gerichtshof stellte fest, dass der italienische Fußballverband zu dem besonderen Zweck gegründet wurde, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art zu erfüllen. Dabei sei es unerheblich, dass der Sportverband als privatrechtlicher Verein gegründet wurde und neben diesen Aufgaben auch andere Tätigkeiten ausführt, die nicht der Allgemeinheit dienen. Sollte es daher einem anderen öffentlichen Auftraggeber möglich sein, die Entscheidungen des Sportverbandes im Bereich der Vergaben zu beeinflussen, so gilt auch dieser als öffentlicher Auftraggeber.

Die Frage nach dem beherrschenden Einfluss wurde im konkreten italienischen Fall zwar nicht beantwortet, jedoch hat der EuGH „sachdienliche Hinweise“ ausgearbeitet, die dem italienischen Gericht eine konkrete Beurteilung erleichtern sollen. Das österreichische Justizministerium geht davon aus, dass die Ausführungen des EuGH auch für hiesige Sportverbände relevant sind.

Zusätzliche Voraussetzungen für integrative Betriebe (EuGH 6.10.2021, C-598/19)

Art. 20 Abs. 1 der EU-Vergaberichtlinie sieht vor, dass Auftraggeber die Teilnahme an einem Vergabeverfahren auf geschützte Werkstätten und Wirtschaftsteilnehmer, deren Hauptzweck die soziale und berufliche Integration von Menschen mit Behinderungen oder von benachteiligten Personen ist, einschränken dürfen. Alternativ können sie vorsehen, dass solche Aufträge im Rahmen von Programmen mit geschützten Beschäftigungsverhältnissen durchgeführt werden, sofern mindestens 30 % der Arbeitnehmer Menschen mit Behinderungen oder benachteiligte Arbeitnehmer sind.

Der EuGH entschied, dass diese Bestimmungen Mindestanforderungen sind und Mitgliedstaaten weitere Voraussetzungen normieren dürfen, die Betriebe der sozialen und beruflichen Integration erfüllen müssen. Dabei müssen jedenfalls die vergaberechtlichen Grundsätze gewahrt werden.

Im konkreten Fall hielt das spanische Recht bestimmte Aufträge besonderen Beschäftigungszentren in sozialer Trägerschaft vor. Dadurch waren insbesondere gewerbliche Unternehmen vom Vergabeverfahren ausgeschlossen, obwohl sie die Kriterien des Art. 20 der Richtlinie erfüllten.