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Wie man Bauaufträge vom vergabefreien Erwerb von Grundstücken abgrenzt

2 Minuten Lesezeit

Das Bundesvergabegesetz 2018 (BVergG 2018) enthält eine Reihe von Fällen, auf die die Regeln des BVergG 2018 nicht anwendbar sind. Dazu gehören unter anderen der Erwerb, die Miete und die Pacht von unbeweglichen Vermögen oder Rechten – also vor allem von Grundstücken und Gebäuden. Es ist wichtig, diese Ausnahme richtig von einem Bauauftrag abgrenzen zu können, um zu wissen, ob ein Vergabeverfahren durchzuführen ist oder nicht.

Was ist ein Bauauftrag?

Bauauftrag ist jeder entgeltlicher Vertrag zwischen einem:einer Auftraggeber:in und einem Unternehmen, über die Errichtung und/oder Planung eines Bauwerks durch das Unternehmen. Das gilt unabhängig von der offiziellen Bezeichnung des Vertrags.

Auch wenn andere Personen die Bauleistung erbringen, der:die Auftraggeber:in aber einen entscheidenden Einfluss auf die Art und die Planung des Vorhabens hat, handelt es sich um einen Bauauftrag nach dem BVergG 2018.

Eins scheint klar zu sein: Verträge über den Kauf ausschließlich unbebauter Liegenschaften sind keine Bauaufträge und vom Anwendungsbereich des BVergG 2018 ausgenommen.

Wird jedoch eine bereits bebaute Liegenschaft gekauft, dann ist der entsprechende Vertrag nur dann vom BVergG ausgenommen, wenn das Gebäude

  • offenkundig vor Entstehen des Beschaffungsbedarfs errichtet wurde und
  • keine erheblichen Umbau- bzw. Sanierungsmaßnahmen im Hinblick auf den Erwerb erfolgen sollen.

Wurde ein Gebäude jedoch in Hinblick auf den Bedarf des späteren Käufers, Mieters oder Pächters errichtet, so entschieden die Gerichte bisher, dass diesbezügliche Verträge als Bauaufträge einzustufen und nicht vom BVergG 2018 ausgenommen sind.

Entscheidend für die Abgrenzung zwischen Bauauftrag und dem ausgenommenen Erwerb, Miet- oder Pachtvertrag ist, ob und inwieweit der:die Auftraggeber:in die Merkmale des Gebäudes festlegt oder entscheidenden Einfluss auf die Planung hat.

Ein Beispiel: Ein „Mietvertrag“ über zu errichtende Messehallen

Die Stadt Köln hatte Anfang der 2000er Jahre einen „Mietvertrag über die Anmietung eines Grundstücks mit vier Messehallen“ mit einem privaten Unternehmen ohne Vergabeverfahren abgeschlossen. Das Unternehmen war unter anderen dazu verpflichtet, Messehallen mit vertraglich vorgegebenen Eigenschaften zur Verfügung zu stellen. Die Messehallen wurden 1,5 Jahre nach Abschluss des Mietvertrags fertiggestellt und der Stadt Köln als Hauptmieterin übergeben. Der Fall landete vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH), der Folgendes entschied:

  • Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses war mit der Errichtung der fraglichen Bauwerke noch nicht einmal begonnen Daher konnte der Vertrag nicht unmittelbar die Anmietung von Immobilien zum Ziel haben. Vorrangiges Ziel konnte daher nur die Errichtung der Bauwerke sein, die anschließend der Stadt Köln über einen „Mietvertrag“ zur Verfügung zu stellen waren.
  • Die Stadt Köln gab im „Mietvertrag“ außerdem deutlich formulierte Spezifikationen zu den zu errichtenden Bauwerken an. Diese enthielten genaue Beschreibungen der zu errichtenden Gebäude, ihrer Beschaffenheit und ihrer Ausstattung und gingen weit über die üblichen Vorgaben eines:einer Mieters:Mieterin für eine neue Immobilie hinaus.

Der EuGH entschied, dass es sich in diesem Fall daher um einen ausschreibungspflichtigen Bauauftrag gehandelt hatte.