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Schadenersatzansprüche vor dem Zivilgericht

2 Minuten Lesezeit

Endet ein Feststellungsverfahren mit dem Ergebnis, dass das Vergabeverfahren rechtswidrig war, haben übergangene Bewerber bzw. Bieter die Möglichkeit, von Auftraggebern Schadenersatz zu fordern.

Im Vergabeverfahren gelten besondere Regeln für Schadenersatzansprüche (§ 369 BVergG 2018), die jene des allgemeinen Schadenersatzrechtes teilweise verdrängen.

So regelt das Bundesvergabegesetz nur den Ersatz für die Kosten der Angebotsstellung, der Teilnahmekosten und das Erfüllungsinteresse. Für darüberhinausgehende Ansprüche gelten die allgemeinen Schadenersatzregeln.
Zuständig sind nicht die Vergabekontrollbehörden, sondern das Landesgericht für Zivilrechtssachen am Sitz der betroffenen Auftraggeber.

Wenn es im Inland keinen Gerichtsstand gibt, ist das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien zuständig. In diesem Verfahren sind das Zivilgericht und die Parteien an die Feststellungen der Vergabekontrollbehörden gebunden (siehe dazu § 373 Abs 1, 2 BVergG 2018).

Wann besteht ein Schadenersatzanspruch?

Um Schadenersatzansprüche nach dem BVergG durchzusetzen, müssen vorliegen:
Die Feststellung durch die zuständige Vergabekontrollbehörde, dass das Vergabeverfahren rechtswidrig war.

  • Im Gegensatz zum regulären Schadenersatz muss kein Verschulden nachgewiesen werden (siehe dazu Urteil des EuGH 30. 9. 2010, C-314/09, Strabag; OGH 17. 11. 2010, 6 Ob 208/10x): Auftraggeber haften, wenn deren Organe oder jene einer vergebenden Stelle einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen das BVergG oder der dazu ergangenen Verordnungen begangen haben und ihm das Verhalten dieser Organe zurechenbar ist.
  • Ausnahmsweise ist eine Schadenersatzklage auch ohne Feststellung durch die Vergabekontrollbehörde zulässig, wenn Verfahren zwar zulässigerweise widerrufen wurden, die Widerrufe jedoch von Auftraggebern durch als hinreichend qualifizierten Verstöße verursacht wurden (siehe dazu § 373 Abs 3 BVergG 2018).

Auftraggeber können Schadenersatzklagen abwehren, wenn sie im vorangegangenen Feststellungsverfahren beweisen konnten, dass übergangene Bewerber bzw. Bieter keine echte Chance auf die Zuschlagserteilung gehabt hätten.

Die Bewerber bzw. Bieter treffen wie im allgemeinen Schadenersatzrecht außerdem eine Schadensminderungspflicht. Sie müssen sich also angemessen um Schadensbegrenzung bemüht haben (z.B. durch einen Antrag auf Nichtigerklärung und Antrag auf Einstweilige Verfügung). Bei Sorglosigkeit der Bewerbers bzw. Bieter können Auftraggeber auch ihr Mitverschulden und die Aufteilung des Schadens zwischen ihnen einwenden (siehe dazu OGH Entscheidung OGH 25. 5. 2005, 5 Ob 49/05z).

Welcher Schaden wird ersetzt?

Zu Unrecht übergangene Bewerber oder Bieter haben Anspruch auf Ersatz der Kosten der Angebotsstellung und der Teilnahmekosten am Vergabeverfahren. Wenn übergangene Bieter aber vor dem Zivilgericht beweisen, dass sie nicht bloß die echte Chance auf Zuschlagserteilung gehabt hätten, sondern ihnen der Zuschlag tatsächlich erteilt hätte werden müssen, steht ihnen das Erfüllungsinteresse zu: Sie sind so zu stellen, als wäre der Vertrag ordnungsgemäß erfüllt worden. Ihnen muss also zum Beispiel der Gewinn ersetzt werden, den sie bei Erfüllung des Vertrages hätten erzielen können (siehe dazu OGH Entscheidung RS0113629).