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Ende des Koalitionsverbots für Ziviltechniker

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Mit 1. Jänner 2022 wurde das Koalitionsverbot im Ziviltechnikergesetz (ZTG) aufgehoben. Nun können Bietergemeinschaften aus Ziviltechnikern und ausführenden Gewerbetreibenden erfolgreich an Vergabeverfahren teilnehmen.

Bisher durften Ziviltechniker nur dann eine Gesellschaft bürgerlichen Rechtes mit Gewerbetreibenden bilden, wenn diese nicht zu ausführenden Tätigkeiten berechtigt waren. Damit sollte die Trennung zwischen Planung und Ausführung gesichert werden, um Interessenkonflikte zu vermeiden. Im Vergaberecht führte dies dazu, dass Ziviltechniker bei gemeinsamen Angeboten mit Baumeistern keinen Zuschlag erhielten. Wegen der Verletzung berufsrechtlicher Bestimmungen waren solche Angebote nämlich auszuscheiden.

Was ist passiert?

Bereits im Jahr 2019 hat der EuGH in einem Verfahren der EU-Kommission gegen Österreich (29.07.2019, Rs C-209/18) entschieden, dass die Republik Österreich gegen ihre unionsrechtlichen Verpflichtungen verstoßen hat. Unter anderem würde Österreich nämlich Anforderungen an die Rechtsform und die Beteiligung am Gesellschaftsvermögen für Ziviltechnikergesellschaften sowie die Beschränkung multidisziplinärer Tätigkeiten für Ziviltechnikergesellschaften aufrechterhalten. Dies verstoße gegen Unionsrecht. Daraufhin wurde das ZTG zwar novelliert, das Koalitionsverbot blieb jedoch weiterhin bestehen.

Im März 2021 stellte dann der österreichische Verfassungsgerichtshof E 3131/2020-11 ausdrücklich fest, dass das Koalitionsverbot gegen EU-Recht verstößt und daher nicht angewendet werden darf.

Im konkreten Fall hatte das Landesverwaltungsgericht Tirol den Nachprüfungsantrag einer Bewerbergemeinschaft mangels Antragslegitimation als unzulässig zurückgewiesen. Die Gemeinschaft bestand aus Ziviltechnikern und einem Zivilingenieur für Bauwesen mit der Berechtigung zu ausführenden Tätigkeiten. Dies sei im Sinne des Koalitionsverbots unzulässig. Die BIEGE könne daher keinen Zuschlag im Verfahren erhalten und ihr habe somit auch kein Schaden entstehen können. Sie könne daher auch keinen Nachprüfungsantrag stellen.

Mit der seit 1. Jänner 2022 in Kraft getretenen Änderung des ZTG wurde das Koalitionsverbot endgültig gestrichen. Nun dürfen planende Ziviltechniker auch dann mit einem Gewerbetreibenden eine Bietergemeinschaft bilden und im Vergabeverfahren Angebote legen, wenn Letztere ausführende Tätigkeiten ausüben.