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Ausschlussgrund: Insolvenzverfahren

2 Minuten Lesezeit

Ist ein Unternehmer insolvent, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass er nicht ausreichend zuverlässig und (finanziell) leistungsfähig ist. Es stellt daher einen Ausschlussgrund im Vergabeverfahren dar, wenn über das Vermögen von Bewerbern oder Bietern ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde oder mangels kostendeckenden Vermögens die Eröffnung abgewiesen wurde. Auftraggeber können nur in Ausnahmefällen von einem Ausschluss vom weiteren Vergabeverfahren absehen.

Der maßgebliche Zeitpunkt

Eine Insolvenz von Bewerbern bzw Bietern wirken sich negativ auf deren Leistungsfähigkeit, einen Teilbereich der Eignung, aus. Für die Beurteilung dieses Ausschlussgrundes kommt es daher auf den gesetzlich festgelegten maßgeblichen Zeitpunkt für das Vorliegen der Eignung an. Abhängig von der Verfahrensart kann das der Zeitpunkt des Ablaufs der Teilnahmeantragsfrist, der Angebotsöffnung oder der Aufforderung zur Angebotslegung sein. Ein Insolvenzverfahren, das vor Bekanntmachung des Vergabeverfahrens beendet wurde, ist somit in keinem Fall schädlich.

Die Eignung muss zum maßgeblichen Zeitpunkt bestehen und darf auch danach nicht mehr verloren gehen – unabhängig davon, ob die Eignung zu einem späteren Zeitpunkt wiederauflebt. Dementsprechend stellt selbst ein vor der Zuschlagserteilung eröffnetes und wieder aufgehobenes Insolvenzverfahren einen Ausschlussgrund dar. Auftraggeber haben das Vorliegen der Eignung nur dann erneut nachzuprüfen, wenn sie konkrete Hinweise oder Kenntnis über den Verlust eines Eignungselements erlangen.

Für den Fall der Insolvenzeröffnung nach Zuschlagserteilung wird in manchen Verträgen ein Rücktritts- oder Vertragsauflösungsgrund vereinbart, wobei dies seit der Insolvenzrechtsnovelle 2010 nur noch eingeschränkt zulässig ist. Die Einleitung eines Insolvenzverfahrens kann unter Umständen auch eine nachträgliche Vertragsänderung darstellen. Nachträgliche Vertragsänderungen sind jedoch aufgrund des Gleichbehandlungs-, Nichtdiskriminierungs- und Transparenzgebotes nur in ausgewählten Konstellationen zulässig.

Es ist zwischen unzulässigen wesentlichen und zulässigen unwesentlichen Änderungen zu unterscheiden. Eine nachträgliche Insolvenz stellt etwa dann eine zulässige unwesentliche Vertragsänderung dar, wenn im Zuge einer Unternehmensumstrukturierung insolvente Auftragnehmer oder Betriebsteile aus der Masse erworben werden.

Als Nachweise für das Nicht-Vorliegen des Ausschlussgrundes können Auftraggeber einen Auszug aus der Insolvenzdatei oder gleichwertige Dokumente der zuständigen Behörde des Sitzstaates des Unternehmens verlangen.

Die Ausnahmen

Grundsätzlich sind Auftraggeber bei Vorliegen des Ausschlussgrundes verpflichtet, betroffene Bewerber oder Bieter aus dem Verfahren auszuscheiden. Sie können vom Ausschluss von Bewerbern bzw Bietern allerdings dann Abstand nehmen, wenn diese hinreichend nachweisen, dass ihre Leistungsfähigkeit für die Durchführung des Auftrages ausreicht. Das ist beispielsweise bei einem Lieferauftrag der Fall, wenn das Unternehmen den Liefergegenstand noch auf Lager hat und diesen auch liefern kannn. Das Absehen vom Ausschluss liegt in diesen Fällen im Ermessen der Auftraggeber.

Darüber hinaus können Auftraggeber aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses vom Ausschluss Abstand nehmen. Derartige Gründe liegen vor, wenn auf die Beteiligung des Unternehmens nicht verzichtet werden kann. Als Beispiel kann z.B. die dringend erforderliche Beschaffung eines Impfstoffes, welcher bloß bei dem insolventen Unternehmer in ausreichender Menge vorhanden ist, angeführt werden.