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Auftraggeber:innen haften für mangelhafte Ausschreibungsunterlagen

2 Minuten Lesezeit

Wenn die Ausschreibungsunterlagen von einem:einer externen Sachverständigen nicht ordnungsgemäß vorbereitet wurden, stellt sich die Frage, wer im Schadensfall für sein:ihr Verschulden haftet.

Allgemeine Informationen zum Schadenersatz

Jedermann der einen Schaden erlitten hat, ist berechtigt, Schadenersatz von jener Person zu fordern, die den Schaden verschuldet. Laut Gesetz ist schon ein „Mangel an gehöriger Aufmerksamkeit oder Fleiß“, der zum Schaden führt, ein Verschulden.

Jemand, der dem:der Geschädigten zu einer Leistung verpflichtet ist, haftet zusätzlich für das Verschulden von Personen, die sie:er für die Erfüllung dieser Leistung einsetzt. Das nennt man Erfüllungsgehilfenhaftung.

Die Entscheidung Ro 2021/04/0035, vom 28.3.2023 des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH)

Die Frage nach dem Schadenersatz beschäftigte den VwGH im März 2023, als das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) in einem Nachprüfungsverfahren seinerseits einen Sachverständigen bestellte, um die Ausschreibungsunterlagen überprüfen zu lassen. Das BVwG entschied, dass das in den Ausschreibungsunterlagen enthaltene Leistungsverzeichnis vergaberechtswidrig sei. Außerdem müsse die Auftraggeberin die Kosten für den vom Gericht beauftragten Sachverständigen ersetzen. Die Kosten seien nämlich durch ihr Verschulden entstanden.

Die Auftraggeberin wandte sich an den VwGH und brachte insbesondere vor, dass sie für diese Kosten nicht aufkommen müsse. Sie hätte die Ausschreibung nicht selbst vorbereitet, sondern ihrerseits einen Sachverständigen beauftragt, diese für sie zu erstellen. Sie hafte für das Verschulden dieses Sachverständigen nicht.

Der VwGH widerspricht und sagt, dass das Übertragen der Ausschreibungsvorbereitung für sich allein die Kostentragung nicht ausschließt. Vor allem sei zu beachten, dass Auftraggeber:innen gegenüber den Bieter:innen eine gesetzliche Verpflichtung haben, die Ausschreibung so auszuarbeiten, dass Bieter:innen die Preise ohne Übernahme nicht kalkulierbarer Risiken und ohne unverhältnismäßige Ausarbeitungen ermitteln können. Sie sind den Bieter:innen gegenüber also zu einer Leistung verpflichtet.

Das habe zur Folge, dass Auftraggeber:innen nicht nur für das eigene Verschulden, sondern auch für das Verschulden jener Personen, deren sie sich für die Erfüllung ihrer Verpflichtung bedienen, haften (Erfüllungsgehilfenhaftung).

Ausgehend davon sei das Verschulden von Dritten den Auftraggeber:innen auch im Rahmen des Kostenersatzes vor den Behörden zuzurechnen. Daran ändere die Qualifikation als Sachverständiger nichts.