der auftrag.at-Blog

zurück zur Übersicht

Zugangsbeschränkungen für Bieter aus Drittstaaten

2 Minuten Lesezeit

Im August 2022 ist nach mehr als zehn Jahren Verhandlungen die International Procurement Instrument (IPI) – Verordnung der EU in Kraft getreten. Sie hat das Ziel, den Zugang europäischer Unternehmen zu den Beschaffungsmärkten in Drittländern zu verbessern. Als ultimativen Schritt kann die Kommission Auftraggeber dazu verpflichten, Angebote aus Drittstaaten schlechter zu bewerten oder auszuschließen.

Die Idee dafür rührt aus der Tatsache, dass viele Drittstaaten wie zum Beispiel China ihren Beschaffungsmarkt viel restriktiver gestalten als die EU. Dadurch haben ihre Unternehmen einen freieren Zugang zum europäischen Beschaffungsmarkt als europäische Unternehmen im Drittstaat. Mit der IPI-Verordnung soll dieses Missverhältnis ausgeglichen werden.

Die IPI-Verordnung gilt nicht für Mitgliedstaaten des WTO-Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungswesen (GPA) und anderer Handelsabkommen. Sie gilt auch nicht für die am wenigsten entwickelten Länder nach dem Allgemeinen Präferenzschema, die in Anhang IV der EU-Verordnung Nr. 978/2012 aufgeführt werden.

Untersuchungen, Verhandlungen und Zugangsbeschränkungen

Wenn ein Drittstatt diskriminierende Maßnahmen setzt, die den Zugang von Unionsunternehmen zum Beschaffungsmarkt behindern, darf die Europäische Kommission tätig werden. Sie untersucht die diskriminierenden Maßnahmen und führt neun Monate lang Verhandlungen mit dem betreffenden Drittstaat, um diese abzuschaffen. Sollte diese Zeit nicht für eine Einigung ausreichen, können nochmal fünf Monate angehängt werden.

Sollte die Kommission auch dann keine Einigung erzielen können, darf sie den Zugang von Unternehmen aus diesem Staat zum europäischen Beschaffungsmarkt durch eine „IPI-Maßnahme“ einschränken.

Verpflichtungen für Auftraggeber ab bestimmten Schwellenwert

Eine Zugangsbeschränkung in Form einer IPI-Maßnahme gilt nur bei einem geschätzten Wert über einem Schwellenwert, den die Kommission bei der jeweiligen Maßnahme festlegt. Bei Bauleistungen und Konzessionen muss der Schwellenwert mindestens 15 Millionen Euro, bei Waren und Dienstleistungen mindestens 5 Millionen Euro (jeweils ohne Mehrwertsteuer) betragen.

Als IPI-Maßnahme kann die Kommission Auftraggeber dazu verpflichten,

  • bei Angeboten von Wirtschaftsteilnehmern aus dem betreffenden Drittland eine bestimmte Bewertungsanpassung vorzunehmen, oder
  • Angebote von Wirtschaftsteilnehmern aus dem betreffenden Drittland auszuschließen.

Bei einer Bewertungsanpassung werden Angebote aus dem betroffenen Staat mit einem höheren Preis veranschlagt als der tatsächliche Preis. Die Anpassung gilt nur zum Zweck der Bewertung und Reihung der Angebote und beeinflusst nicht den Preis, der nachher tatsächlich zu bezahlen ist.

Eine IPI-Maßnahme läuft fünf Jahre nach ihrem Inkrafttreten aus und kann um fünf Jahre verlängert werden.

Ausnahmen für kleine Verwaltungseinheiten und Sonderfälle

Auftraggeber können in Ausnahmefällen beschließen, die IPI-Maßnahme nicht anzuwenden. Das ist möglich, wenn nur Angebote den Bedingungen der Ausschreibung entsprechen, die aus einem Drittland kommen, für das eine IPI-Maßnahme gilt. Ein weiterer Ausnahmegrund ist es, wenn es gerechtfertigt ist, die IPI-Maßnahme aus zwingenden Gründen des öffentlichen Interesses (z.B. öffentliche Gesundheit, Umweltschutz) nicht anzuwenden.

Außerdem können Mitgliedstaaten beantragen, dass gewisse lokale öffentliche Auftraggeber von Verwaltungseinheiten mit weniger als 50.000 Einwohnern von den IPI-Maßnahmen ausgenommen werden.